Warum ziehen lassen?
Im Idealfall treten WeisheitszÀhne im Alter von 17-21 Jahren vollstÀndig aus dem Kiefer in die Mundhöhle durch und reihen sich aufrecht hinter die vorhandenen SeitenzÀhne ein. Allerdings ist diese ideale Entwicklung heute nur noch in ca 10-15% der Bevölkerung zu beobachten.
Die GrĂŒnde fĂŒr die heute als Normalfall zu bewertende Fehlstellung der WeisheitszĂ€hne ergeben sich im Wesentlichen durch ein MissverhĂ€ltnis von ZahngröĂe und KiefergröĂe. Im Laufe der Evolution entwickelt sich unser HirnschĂ€del durch Wachstum unseres Gehirns immer umfangreicher, unser GesichtsschĂ€del wird dadurch kleiner. Das heiĂt, dass die Gesichtsknochen einschlieĂlich der zahntragenden Kiefer sich im Laufe der Jahrhunderte verkleinert haben, die ZahngröĂe jedoch gleich bleibt. Daher kommt es bei einer immer gröĂeren Anzahl von Personen in der Gesellschaft (derzeit ca 85%) dazu, dass die letzten aus dem Kiefer in die Mundhöhle durchbrechenden ZĂ€hne (WeisheitszĂ€hne) keinen ausreichenden Platz mehr haben. Dadurch treten die WeisheitszĂ€hne hĂ€ufig unvollstĂ€ndig durch die Mundschleimhaut durch.
UnvollstÀndig durch das Zahnfleisch getretene WeisheitszÀhne
Entweder ist nur ein Teil der Zahnkrone dauerhaft mit Schleimhaut abgedeckt oder ein ganzer Anteil der Zahnkrone liegt noch im Kieferknochen. Bei stĂ€rker ausgeprĂ€gter Durchbruchstörung befindet sich der gesamte Weisheitszahn noch im Knochen ohne Chance, im Laufe des Lebens die Mundhöhle zu erreichen. Neben diesem als Retention bezeichneten Zustand des Verbleibs des Weisheitszahns im Kiefer kann noch eine Verlagerung hinzutreten. Im Falle der Verlagerung weicht die Zahnachse von der regulĂ€ren Zahnstellung ab. Der Zahn kann dementsprechend in allen möglichen Ausrichtungen der Zahnachse im Kiefer liegen. Die Fehllage von WeisheitszĂ€hnen im Kiefer kann extreme AusmaĂe annehmen. So können sich retinierte WeisheitszĂ€hne im Bereich vieler benachbarten anatomischen Strukturen finden, z.B. in Ăberlagerung mit Wurzeln von NachbarzĂ€hnen, in Ăberlagerung mit Nerven, in oder an der Kieferhöhle, einer Nebenhöhle der Nasenhaupthöhle. Dieser Zustand unvollstĂ€ndig durchgetretener WeisheitszĂ€hne in den Kiefern fĂŒhrt in einem hohen Prozentsatz (etwa 75% bis zum 30. Lebensjahr) zu Beschwerden oder aber subjektiv schmerzfreien FolgeschĂ€den (Komplikationen)
Beschwerden und Schmerzen durch EntzĂŒndungen
Die Beschwerden Ă€uĂern sich in Form von Schmerzen im Bereich des Unterkiefers hinter dem letzten Zahn. Die Schmerzen verstĂ€rken sich im akuten Stadium durch Druck auf das Zahnfleisch dieser Region. Die Schmerzen können bei geringerem AusmaĂ phasenweise verlaufen, d.h. die im akuten Stadium wahrnehmbaren Schmerzen bestehen etwa 2 Wochen, gehen dann auch ohne Behandlung wieder zurĂŒck und können fĂŒr lĂ€ngere ZeitrĂ€ume von Monaten bis Jahren chronisch verlaufen, ohne dass Sie vom TrĂ€ger bewusst wahrgenommen werden.
In der Phase der chronischen EntzĂŒndung zeigt sich hĂ€ufig nur schmerzloser Ausfluss von trĂŒber, weiĂlicher FlĂŒssigkeit oder Eiter beim Druck auf das Zahnfleisch um den Weisheitszahn. Die ZahnfleischentzĂŒndung kann sich durch Rötung und lappiges Wuchern von Zahnfleisch ĂŒber die Zahnkrone Ă€uĂern. HĂ€ufig entsteht Mundgeruch, der von der Umgebung wahrgenommen wird, vom TrĂ€ger selbst aber weniger bemerkt wird. Bei Fortleitung der chronischen EntzĂŒndungen können die Lymphknoten am Hals dauerhaft geschwollen sein, spĂ€ter durch Vernarbung verhĂ€rtet tastbar sein. In der Phase der akuten, schmerzhaften EntzĂŒndung kann sich zunehmend Eiter um die Krone des Weisheitszahnes bilden. Der Eiter kann sich in die den Weisheitszahn und den Kiefer umgebenden Weichgewebszonen am Hals, Rachen, sowie den Mundboden ausbreiten. Dann entsteht eine Behinderung der Mundöffnung und zunehmende druckschmerzhafte Schwellung an der AuĂen- oder Innenseite des Kiefers. Bei unbehandeltem Fortschreiten des EntzĂŒndungsprozesses entsteht ein lebensbedrohlicher Zustand mit Fieber, Schluckbeschwerden, Gewichtsverlust.
Neben der akut oder chronisch verlaufenden bakteriellen EntzĂŒndung gibt es weitere Komplikationen ausgehend von nicht entfernten WeisheitszĂ€hnen. Durch die Ăberwucherung der Zahnkrone von Zahnfleisch bilden sich der Mundhygiene nicht zugĂ€ngliche Zonen, welche zu Karies am Weisheitszahn fĂŒhren können. Daneben können durch den Druck von nicht vollstĂ€ndig durchgebrochenen WeisheitszĂ€hnen sehr hĂ€ufig Zahnfehlstellungen vor allem der unteren SchneidezĂ€hne entstehen (tertiĂ€rer Engstand).
WeisheitszÀhne & Zysten
Ferner neigen retinierte WeisheitszĂ€hne zur Zystenbildung. Die Zahnkrone eines normal durchgetretenen Zahnes befindet sich normalerweis in der AuĂenwelt der Mundhöhle. Dagegen verbleibt die Zahnkrone beim nicht durchgetretenen Weisheitszahn im Kiefer. Der die Zahnkrone umgebende Zahnschmelz besteht im Gegensatz zur Zahnwurzel zu 98% aus anorganischer Substanz. Dadurch wirkt die Zahnkrone eines retinierten Weisheitszahnes wie ein anorganischer Fremdköper im Kiefer. Dieser Zustand wird vom Körper ĂŒblicherweise nicht dauerhaft toleriert. Eine hĂ€ufige Reaktion des Körpers auf diesen Fremdkörper besteht in der Abgrenzung der Zahnkrone mittels Weichgewebe. Dieses epitheliale Weichgewebe (Zyste) hat die Tendenz, unter dem Druck von durch das Zystengewebe abgegebener eiweiĂhaltiger FlĂŒssigkeit zu wachsen. Dieser Wachstumsprozess der Zyste verlĂ€uft ĂŒblicherweise sehr langsam und fĂŒhrt zu einer zunehmenden Auflösung des umliegenden Knochens. Dadurch entstehen die typischen im Röntgenbild sichtbaren Knochenauflösungszonen um retinierte WeisheitszĂ€hne. Dieser Prozess der Zystenausdehnung und gleichzeitig Knochenauflösung kann ohne subjektive Beschwerden soweit voranschreiten, dass der gesamte Kieferquerschnitt aufgelöst wird. Eine operative Behandlung bei der Weisheitszahnentfernung sollte daher immer die umliegende Zyste mit entfernen, da belassene Zystenanteile auch nach der Weisheitszahnentfernung die Tendenz haben, weiter zu wachsen und sich wieder auszudehnen.